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Composer
Franz von Suppè
| 1819-1895
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Editor
Rainer Boss
Reviews
Franz von Suppè: Missa Dalmatica
Franz von Suppè: Missa Dalmatica
Charakteristisch für die musikalische Sprache der Missa Dalmatica ist die Integration unterschiedlicher Stilelemente in den von kirchenmusikalischer Tradition geprägten klanglichen sowie formalen Rahmen. Bereits das Kyrie deutet mit italienisch-opernhaften Passagen auf vielschichtige Einflüsse.
Der mit Abstand längste Satz ist das 504 Takte umfassende Gloria, das somit etwa die Hälfte der gesamten Zeitdauer der Messe ausmacht. Das kraftvolle „Allegro vivace giubiloso” des ersten Abschnitts lässt in seiner strahlenden Wucht Suppès Kenntnisse großer spätbarocker Chormusik im Stile von Händels „Halleluja” erkennen. Das „Domine Deus” (Andante) beginnt mit einem höchst eingängigen Belcanto-Vortrag der 1.Tenor-Solostimme zu arpeggierter Orgelbegleitung, die in eine akkordische Triolenrhythmik übergeht; im Zusammenhang mit der punktierten Rhythmik der Gesangsstimme erinnert dies an die Festlichkeit von Wagners Tannhäuser-Ouvertüre. Dass Suppè ein großer Wagner-Verehrer war, lässt sich aus seiner Anwesenheit bei den ersten Bayreuther Festspielen 1876 (das Jahr der Überarbeitung der Missa Dalamtica) ablesen. Die vielfach von Chromatik durchsetzte romantische Harmonik und Diastematik sind nicht zuletzt der Begeisterung für die epochalen Werke Wagners zu verdanken.
Das Credo hingegen weist bereits mit dem Beginn im Kanon auf die Beherrschung strenger kontrapunktischer Verarbeitungstechniken, wenn auch kombiniert mit schwungvoller Thematik im 9/8-Takt. Der kirchenmusikalischen Tradition verpflichtet sind auch die unisono geführten Tutti-Einsätze im Stile der Psalmrezitation bei „passus et sepultus est”. Höhepunkt kontrapunktischer Satztechnik in der Missa Dalmatica bildet die Fuga des „Et vitam venturi saeculi”. Amen, wo die Thematik des Satzbeginns aufgegriffen und in der traditionellen Fugentaktart alla breve präsentiert wird.
Die Missa Dalmatica stellt weit mehr dar als die dezente Überarbeitung eines unreifen Jugendwerkes, da offensichtlich ein erheblicher Anteil 1876 neu komponiert wurde. In seinem unverkennbaren Personal-Stil, der die unterschiedlichsten Einflüsse aus kirchenmusikalischer Tradition, italienischer und deutscher Oper und volksmusikalischen Bereichen des wienerischen und dalmatinischen Kulturraumes vereint, hat Suppè mit der Missa Dalmatica auf dem Gipfelpunkt seiner Schaffenskraft ein sehr individuelles Werk geschaffen, das in seiner Ungewöhnlichkeit einen ganz besonderen Platz in der Kirchenmusikgeschichte des von restaurativen Tendenzen des Cäcilianismus durchsetzten 19. Jahrhunderts einnimmt.
Quelle: Musica Sacra 1/2004
Der für seine Wiener Operetten und vor allem deren Ouvertüren berühmte Komponist Franz von Suppè (1819–1895) ist als Schöpfer kirchenmusikalischer Werke kaum bekannt. Lediglich sein „Requiem” wird gelegentlich aufgeführt und ist auf Tonträger erhältlich. Wie ambitioniert Suppè neben seinem Bühnenschaffen auch diesen Werkbereich mit eigenen Kompositionen würdigte, bestätigt eine nicht unbeträchtliche Anzahl geistlicher Vokalwerke, die meist ungedruckt ihr unbeachtetes Dasein in diversen Archiven fristen. Darunter war bislang auch Suppès Missa Dalmatica zu zählen, die nun erstmalig als Partitur im Druck vorliegt (Carus-Verlag, Stuttgart 2003). Die 1835 im dalamatinischen Zadar konzipierte und 1876 überarbeitete Messe für dreistimmigen Männerchor, Soli und Orgel ist neben dem „Requiem” ein weiteres bemerkenswertes Zeugnis kirchenmusikalischer Kunst, das auf eine eng mit Suppès Biographie verknüpfte Geschichte zurückblicken kann.
Quelle: Schwäbische Sängerzeitung 02/2004
Mit dieser, seinem Heimatland Dalamatien gewidmeten Messe für dreistimmigen Männerchor und Orgel hat der vor allem für seine Operetten berühmte Komponisten ein Werk geschaffen, das in seiner reizvollen Ungewöhnlichkeit einen besonderen Platz in der Kirchenmusikgeschichte des 19. Jahrhunderts einnimmt.
Bernhard Schmid
Quelle: Kirchenmusikalische Mitteilungen 10/2004
[rk[ Seit der Neuherausgabe von Suppès Requiem weiß die Welt der Chormusik, dass der Komponist (1819-1895) neben seinen zahl- und erfolgreichen Operetten auch Kirchenmusik geschrieben hat. Das zweite Beispiel für dieses Genre liegt hier vor. Die Urfassung war schon 1835 vollendet, 1876 überarbeitete Suppè sein Jugendwerk, dessen Titel auf seine Geburtsregion hinzielt, in der dreistimmiger Männerchorgesang verbreitet war: Stilistisch steht das durch die Dreistimmigkeit reduziert scheinende Werk voll auf der Höhe seiner Zeit. Der Chorsatz lässt sich von ambitionierten Ensembles auch aus dem Laienbereich lustvoll erarbeiten, wenn die Neuaufteilung der Stimmen bewältigt ist. Die Solisten sollte man nur in Ausnahmefällen aus den Chorreihen rekrutieren, der erste Tenor hat ein, der Bass gar zwei ariose Soli, und die Mittelstimme sollte im Ensemble nicht abfallen. Als Instrumentalist hat man einen technisch leichten Part (ohne ausnotiertes Pedal) vor sich, der allerdings zur klanglichen (großdimensioniertes Schwellwerk erforderlich) und musikalischen Realisation einiges an Erfahrung erforderlich scheinen lässt. Eine warme Empfehlung für das geistliche Konzert eines guten Männerchors. Die Aufführungsdauer ist mit 45 Minuten angegeben.
Quelle: Württembergische Blätter für Kirchenmusik 5/2005, S.25